Kavita Lorenz/Joti Polizoakis:
„Schon nach den ersten Minuten fühlten wir uns sehr gut zusammen auf dem Eis“
Kavita Lorenz und Joti Polizoakis sind Deutschlands neuestes Eistanzpaar. Sie laufen erst seit diesem Frühjahr zusammen und trainieren in Novi, Michigan, unter Igor Shpilband.
Q: Joti, wann und wie hast Du Dich dazu entschlossen, zum Eistanz zu wechseln? Wie ist dieser Prozess abgelaufen, was hat Deine Entscheidung beeinflusst?
Joti: Es war ein schleichender Prozess in den letzten zwei Saisons. Ich hatte Eistanz schon immer im Hinterkopf, aber ich wollte das Einzellaufen nicht aufgeben, da ich wusste, dass ich im Einzellauf auch viel erreichen könnte. Außerdem war es nie der richtige Zeitpunkt, um den Wechsel durchzuführen. Die Entscheidung an sich jetzt zu wechseln, ging ganz schnell. Nach meiner letzten Saison wollte ich sowieso eine Veränderung, da ich mit der Situation nicht mehr zufrieden war. Dann dachte ich, dass jetzt auch der richtige Zeitpunkt wäre, um Eistanz auszuprobieren, damit ich einfach alle meine Möglichkeiten für die kommende Saison kenne. Ich war dann über die Osterferien für zwei Wochen in Novi, Michigan um mit Kavita zu laufen. Kavita lag die ersten zehn Tage mit Bronchitis im Bett und somit hatten wir nur fünf Tage gemeinsames Training. Die ersten zehn Tage habe ich ohne Partnerin trainiert, was eigentlich vom Vorteil war. Igor hat mir die ganzen Grundlagen für den Eistanz beigebracht und mir die Regeln erklärt. Als es Kavita wieder besser ging, hat alles sehr schnell geklappt und gut harmoniert. Schon nach den ersten Minuten fühlten wir uns sehr gut zusammen auf dem Eis. Ich hatte Spaß, das zu machen was ich am besten kann. Gleiten, Schritte, sich zu präsentieren usw... Ich habe den Einzellauf schnell vergessen und hatte nur noch Eistanz im Kopf.
Q: Wie läuft die Umstellung, was gefällt Dir, was vielleicht weniger und was ist schwierig?
Joti: Es gefällt mir wirklich sehr gut und es ist genau das, was ich mir vorgestellt habe. Die Umstellung ist sehr schwer. Die ersten zehn Tage konnte ich nach dem Training kaum laufen, weil man im Eistanz ganz andere Muskeln beansprucht. Eistanz ist eine ganz andere Sportart als Einzellauf, ob man das glaubt oder nicht. Auch jetzt ist die Umstellung noch schwer und ich denke, es wird noch eine Weile dauern, aber Kavita hilft mir sehr und ich merke, dass wir von Tag zu Tag immer besser werden. Mir gefällt auf jeden Fall, dass ich nicht mehr alleine auf dem Eis bin. Es ist schön jemanden an meiner Seite zu haben. Natürlich gefällt es mir auch, dass im Eistanz auch mehr das Schauspielerische im Vordergrund ist als im Einzellauf. Mir gefällt wirklich alles und es macht mir sehr viel Spaß. Schwierig am Anfang war für mich die gemeinsame Pirouette, die klappt aber schon ganz gut, und an den Hebungen müssen wir natürlich noch arbeiten. Auf dem Trockenen klappen sie schon, nur auf dem Eis sind sie noch etwas wackelig aber wir trainieren insgesamt auch erst seit zehn Tagen zusammen. Da kann man keine Wunder verlangen.
Q: Kavita, seit wann bist Du genau Eistänzerin und wie ist die Umstellung damals bei Dir gelaufen?
Kavita: Ich bin vor drei Jahren zum Eistanz gewechselt. Schon damals als Einzelläuferin war das Läuferische meine Stärke. Ich habe es geliebt, mich auf dem Eis zu bewegen und meinen Emotionen zur Musik freien Lauf zu lassen. Als ich im Jahre 2012 sehr krank war und fast ein Jahr aussetzen musste, hatte ich viel Zeit, um über meine Zukunft nachzudenken. Ich habe mich hingesetzt und die Pro und Contra Punkte für den Wechsel aufgeschrieben. Ich war fest davon überzeugt, dass ich den Schritt zum Eistanz machen wollte. Mein erstes Jahr als Eistänzerin habe ich in Oberstdorf verbracht. Auch für mich war die Umstellung schwer. Es war ein ganz anderes Gefühl, in Eistanzschuhen auf dem Eis zu stehen. Am schwersten war es, sich von seinem Partner führen zu lassen. Als Einzelläuferin konnte man selbst entscheiden, wo es lang geht, aber als Eistänzerin musste ich lernen, mich auf meinen Partner zu verlassen und ihm zu folgen.
Q: Wie ist es für Dich, mit einem unerfahrenen Partner anzufangen? Wieso hast Du Dich für ihn entschieden? Warum hat es mit Deinen bisherigen Partnern nicht wirklich geklappt?
Kavita: Meine bisherigen Partnerschaften haben leider nicht funktioniert, da wir unterschiedliche Ziele hatten und unsere Einstellung zum Sport nicht übereinstimmte. Ich kenne Joti schon seit zehn Jahren. Wir sind zusammen in Oberstdorf aufgewachsen und gingen gemeinsam durch dick und dünn, egal ob in der Schule oder im Sport. Wir haben eine sehr besondere Freundschaft, die uns keiner nehmen kann. Dadurch, dass wir schon vieles gemeinsam erlebt haben, vertrauen wir uns blind und das wird sicherlich eine Stärke von uns sein. Natürlich ist es nicht so leicht mit einem Eistanz "Anfänger" zu laufen, aber ich weiß genau wie er sich fühlt und deshalb muss ich am Anfang geduldig sein. Ich habe mich für Joti entschieden, da er ein unglaublicher Läufer ist. Er lernt sehr schnell, arbeitet hart und ist sehr motiviert. Wir beide haben dieselben Ziele und dieselbe Einstellung. Ich bin sehr glücklich, dass wir die Möglichkeit haben, zusammen zu laufen und freue mich auf eine gemeinsame Zukunft als deutsches Eistanzteam. Es wird eine spannende Zeit und ich freue mich auf alles, was kommt.
Q: Wie kannst Du Joti bei der Umstellung auf Eistanz unterstützen?
Kavita: Da ich nicht vor allzu langer Zeit zum Eistanz gewechselt bin, kann ich mich sehr gut in Jotis Lage hineinversetzen. Ich werde versuchen, all mein Wissen so schnell wie möglich an ihn weiterzugeben. Es wird eine Herausforderung für uns sein, aber ich bin davon überzeugt, dass wir das gemeinsam meistern werden.
Q: Was habt Ihr schon gelernt?
Kavita: Wir haben schon viele Schrittfolgen und Transitions. Unsere Twizzles für die kommende Saison haben wir schon bereit und arbeiten im Moment viel am Ravensburger Walzer. Wir arbeiten an den Elementen für die neuen Programme, aber welche Hebungen und welche Pirouette wir machen werden, haben wir noch nicht entschieden.
Q: Wie sind die ersten Reaktionen von außen? Habt Ihr schon Videos an die DEU geschickt, z.B.?
Kavita: Die ersten Reaktionen bisher sind sehr positiv. Es sei erstaunlich, wie gut wir harmonieren und wie synchron unsere Bewegungen sind.
Joti: Der Verband konnte durch Videos einen ersten Eindruck erhalten. Die DEU hatte einen positiven Eindruck und meint, dass wir zusammen ein erfolgreiches Paar sein könnten. Jetzt müssen wir uns auf unsere Ziele fokussieren und hart arbeiten.
Q: Ihr wollt in den USA bei Igor Shpilband trainieren. Warum dort?
Joti: Obwohl ich am Anfang keine Ahnung vom Eistanzen hatte, habe ich sehr schnell gemerkt, dass Igor wirklich vom Fach ist. Er hat mir in kürzester Zeit sehr viel beigebracht und es ist unglaublich, wie er mir helfen konnte. Für mich kam es nicht in Frage wo anders zu trainieren.
Kavita: Igor ist einer der weltbesten Trainer. Er fokussiert sich auf jedes einzelne Paar und ist jeden Tag konzentriert bei der Sache. Er hat mir in den letzten zwei Jahren unheimlich viel beigebracht und ich bin sehr stolz, ihn meinen Trainer nennen zu können.
Q: Wie willst Du es mit der Schule machen, Joti?
Joti: Kavita und ich werden ab September 2015 studieren. Das College ist nur acht Minuten von der Eishalle entfernt.
Q: Was machst Du neben dem Eis, Kavita?
Kavita: Ich habe meinen High School Abschluss und werde wie gesagt ab September studieren. Für andere Hobbys bleibt im Moment keine Zeit
Q: Was habt Ihr in der neuen Saison vor? Wie sieht Euer Zeitplan aus?
Joti: Wir werden sicherlich bei den Deutschen Meisterschaften in Essen starten. An welchen internationalen Wettkämpfen wir teilnehmen werden, steht noch nicht fest. Das wird alles in den nächsten Wochen entschieden.
Kavita: Wir wollen ab Oktober wettkampfbereit sein. Unser Zeitplan ist im Moment sehr voll, da wir viel aufzuholen haben.
Q: Was könnt Ihr uns schon über Programme verraten?
Kavita: Wir sind gerade in der Kreativphase und probieren vieles aus. Wir haben viele Ideen, jedoch können wir im Moment noch nicht sagen, zu welcher Musik wir laufen werden.
Q: Welche kurz- und langfristigen Ziele setzt Ihr Euch?
Joti: Wir wollen auf jeden Fall eine erfolgreiche erste Saison haben. Natürlich wollen wir bei den Deutschen Meisterschaften gut abschneiden und hoffen, an der EM teilnehmen zu können. Wer weiß, vielleicht ist auch mehr drin.
Kavita: Wir werden auf jeden Fall alles dafür geben, um an den Olympischen Spielen 2018 in Südkorea teilnehmen zu können. Nach den Olympischen Spielen werden wir unsere Ziele höher setzen.
Joti: Wir wollen langfristig in unserer Karriere internationale Medaillen holen.
Q: Vielen Dank und alles Gute für Eure Zukunft.